Zahlreiche Bürgerfragen bei Informationsveranstaltung zum Bürgerentscheid in der Kulturhalle

Den Fragen zum Windkraftentscheid stellten sich zahlreiche Akteure in der Remchinger Kulturhalle. Foto: Zachmann
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Den Fragen zum Windkraftentscheid stellten sich zahlreiche Akteure in der Remchinger Kulturhalle. Foto: Zachmann

Wieland hofft auf notwendige Beteiligung beim Windkraft-Entscheid

Ebnet Remchingen weiter den Weg Richtung Windkraft im Ranntal, Bärengrund und Oberwald oder schließt die Gemeinde die Türen für mögliche Anlagen im Wald südöstlich von Nöttingen nahe der A8? Wie berichtet hatten Bürgermeisterin Julia Wieland und der Gemeinderat die Frage weitergegeben an die Bürgerschaft, die am Sonntag, 20. Juli, beim ersten Remchinger Bürgerentscheid aufgerufen ist, ihr Kreuzchen zu setzen für oder gegen eine Verpachtung der gemeindeeigenen Flächen zur Durchführung von Gutachten.

„Egal, ob dafür oder dagegen – bitte, bitte gehen Sie wählen oder nutzen Sie die Briefwahl“, motivierte Wieland am Dienstagabend bei einer Informationsveranstaltung in der Remchinger Kulturhalle, zu der rund 150 Besucher kamen – etwas weniger als bei den Auftaktveranstaltungen. „Die Bürger zu beteiligen ist nicht überall Usus – da haben wir in Remchingen einen großen Schritt gemacht“, stellte Gemeinderätin Gabriele Ulrich (Grüne) fest, die ebenso wie ihr Ratskollege Martin Gegenheimer (CDU) vom 20-köpfigen Begleitkreis aus Fraktions-, Vereins- und Schulvertretern berichtete, der die Abstimmungsfrage vorgeschlagen hatte. Auch die beiden motivierten, wählen zu gehen: Denn das Ergebnis des Entscheids ist nur rechtskräftig, wenn sich mindestens 20 Prozent der 9.562 Wahlberechtigten – also 1.913 Bürger ab 16 Jahren – für eine der beiden Optionen entscheiden. Je nach Anteil der Briefwähler, die erfahrungsgemäß den größten Wahlbezirk ausmachen und somit die Dauer der Auszählung beeinflussen, soll das Ergebnis noch am Sonntagabend oder montags online verkündet werden. Bereits am kommenden Donnerstag sollen alle Remchinger Haushalte eine informative Abstimmungszeitung erhalten.

Ob die Abstimmung ein Freibrief für den Bau von Windkraftanlagen sein, wollte eine Bürgerin wissen. Wieland verneinte: „Ein Ja bedeutet nicht automatisch, dass es im kommenden Jahr losgeht. Wir stoßen damit nur die erste Tür auf, dann kommt die Fliegengittertür und erst dann entscheiden wir, ob wir ins Haus gehen“, verdeutlichte Wieland die kommenden Planungsprozesse. Im Falle eines positiven Entscheids müsse zunächst ein interessierter Projektierer gefunden werden – wie berichtet hat die EnBW bereits konkrete Pläne geäußert, auf einem Teil der zum Entscheid stehenden Flächen Anlagen zu bauen, ebenso wie an der Gemeindegrenze auf Kämpfelbacher Gebiet.

Dann müssten umfangreiche Gutachten und Umweltprüfungen durchgeführt und eine Änderung des Regionalplans beantragt werden. Letztendlich entscheidet das Landratsamt über die Genehmigung. Bei allen Schritten könne die Gemeinde noch aussteigen, so Wieland, bewusst habe man jedoch die Frage am Anfang des Prozesses stellen wollen. Anders als bei den laufenden Windkraftplanungen im Buchwald bei Wilferdingen und Singen auf Staatswaldfläche, wo die Gemeinde wie berichtet keinerlei Mitsprache hat. Regionalverbandsdirektor Sascha Klein verdeutlichte, dass sein Verband die Flächen im Ranntal, obwohl sie windhöffig und damit wirtschaftlich seien, nicht in den Regionalplan aufgenommen hatte: wegen des „Luxusproblemes“, genügend andere und größere potenzielle Flächen zu haben. 

Durchaus polarisierend waren einige Fragen, die die Besucher in der Fragerunde und an den Infoständen von Fraktionen, Umweltverbänden, Forst und Regierungspräsidium stellten. Sowohl in die eine als auch in die andere Richtung gab es Klatschen, hier und da aber auch Kopfschütteln. Dabei entkräfteten die Experten auch so mache Befürchtung. So würden die Windkraftanlagen mehrere tausend Mal mehr Kohlenstoffdioxid einsparen als durch das Fällen der Bäume frei würden und nicht die erneuerbaren, sondern die fossilen Energien würden den Strompreis verteuern, erklärten Pascale Schneider und Larissa Menges von der Stabsstelle Energiewende, Windenergie und Klimaschutz am RP Karlsruhe, während Hydrogeologie-Professor Martin Sauter verdeutlichte, dass Mikroplastikeinträge zumindest im Grundwasser bislang keine Rolle spielten. Er verwies jedoch auf die Schutzbedürftigkeit des Wasserschutzgebiets, in dessen unterschiedlich gewichteten Zonen die projektierten Flächen liegen – inwieweit ein Schutz vor Einträgen etwa bei einer Windrad-Havarie durch Wannen um die Anlagen gewährleistet werden müsse, würden die Umweltprüfungen zeigen.

Julian Zachmann